Kultur- und Kreativrat diskutierte mit der SPD über die Potenziale und Bedürfnisse des Stadtteil
Gaarden ist ein Arbeiterstadtteil. Oder war es zumindest. Gaarden ist aber auch ein Kreativstadtteil. Oder könnte es zumindest werden.
Was vorhanden ist, was noch werden könnte und was dazu nötig ist: Darum drehte sich am 5. April im Medusa ein Gespräch, zu dem der Kultur- und Kreativrat, der SPD-Ortsverein Gaarden und das Kulturforum der Kieler SPD eingeladen hatten. Am Ende zogen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Kultur- und Kreativrats ein durchaus hoffnungsfrohes Fazit: Womöglich könnten nach ihrem Eindruck die an diesem Abend geäußerten Worte nicht vergeblich gewesen sein.
Schön ist schon mal, dass sich die SPD überhaupt fürs kreative Gaarden interessiert. Andere Parteien tun das entweder nicht oder sie verbergen es geschickt. Sogar die gern die kulturelle Vielfalt preisenden Grünen scheinen lieber auf vergleichsweise monokulturell daherkommende Sozio-Biotope im Anscharpark oder in der alten Mu zu setzen.
Wacker versucht indes der Kultur- und Kreativrat seit dem Spätsommer 2015, die Fahne von Gaarden hochzuhalten. Hineingeraten in dieses Gremium sei sie zufällig, erzählte Gründungsmitglied Reyhan Kuyumcu von der Türkischen Gemeinde. Inzwischen, so betonte sie, „bin ich total froh, dass ich dabei bin“. Und genauso sieht es Viktoria Ladyshenski von der Jüdischen Gemeinde Kiel und Region: „Früher haben wir mehr oder weniger allein gekämpft, heute trägt jeder Einzelne dazu bei, dass alle stärker werden. Das könnte ein Beispiel für die ganze Stadt sein.“
Immer wieder kam in der folgenden Diskussion – der ein Stück wunderbare Weltmusik der aus geflüchteten und in Gaarden heimisch gewordenen Musikern zusammengesetzten Safar-Band vorausging – die Ermunterung zu neuem Denken in Amtsstuben und Parlamenten auf. Um die Szenen und Bewegungen in Gaarden zu stützen, sei oftmals nur relativ wenig Geld nötig, dafür aber Flexibilität, meinte Dirk Hoffmeister von der K34. Sein Vorschlag: Fördermittel den Bedürfnissen vor Ort anpassen und sie so zu verwalten, „dass nicht für fünf Anträge gleich eine neue Stelle im Rathaus nötig ist“.
Detlef Schlagheck, Kurator der Schlecker-Galerie am Vinetaplatz, hieb in dieselbe Kerbe: „Nutzen Sie die Kompetenzen der Ehrenamtlichen, die Experten für diesen Stadtteil sind!“ Zugleich verwies er aber darauf, dass es kein wirkliches Politikmodell sein könne, alles aufs Ehrenamt zu setzen und die entsprechend Aktiven sehenden Auges in prekären Verhältnissen zu belassen.
Worauf es in Gaarden grundsätzlich ankommt, das fasste Dirk Hoffmeister zusammen. Zu tun hat man es demnach mit vielen Familien fern fast aller Kultur, aber auch mit Künstlern, die von der Hand in den Mund leben. Hinzu kommen zugewanderte Künstler, denen der hiesige Kultur- und Kreativbetrieb besondere Herausforderungen abverlangt. Besonders hob Hoffmeister die Bedeutung der Soziokultur hervor. Gerade die kleinen Initiativen entfalten nach seiner Überzeugung höchst befruchtende Wirkung und können oftmals schon mit einer „Mikroförderung“ gestützt werden.
Andererseits wies Detlef Schlagheck darauf hin, dass Förderung auch unerwünschte Nebenwirkungen haben kann. Ausdrücklich lobte er zwar die „wirklich gute und freundschaftliche Zusammenarbeit“ mit der Muthesius-Kunsthochschule, die Folgen der vom Land auf den Weg gebrachten Vergabe von Atelier-Stipendien an deren Absolventen beschrieb er aber kritisch. Gefördert werden ausschließlich Ateliers im Anscharpark, viele Künstler, die in Gaarden ansässig sind, werden laut Schlagheck damit zum Nachteil des Stadtteils der lokalen Szene entzogen. „Unterstützen wir doch die Leute da, wo sie schon sind“, schlug der Kurator vor.
So ganz vergeblich könnten diese Worte wie gesagt vielleicht nicht gewesen sein. Gert Haack vom Kultuforum der SPD bekannte sich zur Unterstützung der „Kultur von unten“. Und der Ostufer-Landtagsabgeordnete Bernd Heinemann betonte: „Es lohnt sich, in Seelen zu investieren, wie Gaarden eine hat“. Konkret schlug er vor, den Wirtschaftsminister zum Dialog darüber zu bitten, wie die kreativen Potenziale des Stadtteils mit Mitteln der Wirtschaftsförderung gestärkt werden können.
Von Martin Geist